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Auch Mitte der 80er Jahre lernte ich - ebenfalls in Berlin - Kay Hoffman kennen. Durch sie erfuhr ich, wie die afrikanischen Gottheiten der Yoruba ("orishas") in Brasilien tanzen und welche Geschichten und Mythen sie umgeben. An ihrer Arbeit mochte ich besonders, wie sie die eigentlich doch recht komplizierten Tanzschritte für uns Europäer vereinfachte und damit übersetzte, um die Essenz der Bewegung verständlich und erfahrbar zu machen.
Dieser Ansatz fließt bis heute in meine Arbeit ein.
Mit der Ausgestaltung meines Konzeptes „Tanzen mit den Göttern“ kommen im Grunde alle meine Erfahrungen zusammen: afrikanischer Ausdruckstanz, „Von Göttern besessen“ von Kay Hoffman, all meine Erfahrungen, die ich in Afrika an Ort und Stelle gemacht habe, Tanztherapie und Analytische Psychologie.
Im Rahmen dieses Konzeptes stelle ich die afrikanischen Gottheiten mit ihrem traditionellen Hintergrund in Afrika und Brasilien vor. Dies ist mir wichtig, um zu zeigen, wie wandelbar diese Gottheiten sind und - wie es eben bei Archetypen ist - daß sie sich nicht nur auf einen Aspekt beschränken lassen. In Benin gab es von Dorf zu Dorf unterschiedliche Facetten und noch mehr gibt es sie zwischen Afrika und Brasilien! Die Götter halten Einzug mit ihren Mythen, typischen Gesten und Tanzschritten. Dabei werden wir von Trommlerinnen und Trommlern begleitet. Anschließend experimentieren und improvisieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit all den gesammelten Eindrücken und eigenen auftauchenden Bildern und Assoziationen. Um vom afrikanischen oder brasilianischen Ursprung auch zu einer europäischen Interpretation zu kommen, schweigen in dieser Phase die Trommeln und wir tanzen zu den unterschiedlichsten Musikstücken (Bach eignet sich z.B. gut für die leichtfüßige Windgöttin Oya) oder auch in der Stille. So übersetzen wir die ursprüngliche Form in eine neue, eigene, finden dabei vielleicht auch neue Bilder und verbinden all das mit unserer eigenen Lebenserfahrung. Nach dieser „Innenschau“ kommen schließlich die Musikerinnen/ Musiker zurück und sind nun gefordert, die neu entwickelten „Perspektiven“ musikalisch zu begleiten, wobei die Trommeln etwas zur Seite rücken und andere Musikinstrumente hinzu kommen.
Ob bei dieser Arbeit die „Götter“ als Archetypen auftauchen, die uns etwas über uns selbst erzählen und uns in Tiefen unserer Seele tauchen lassen, die wir bis dahin nicht kannten oder ob hier und da jemand auch auf einer spirituellen Ebene berührt wird - bleibt offen und wird von jedem selbst entschieden. Mir ist es aber wichtig, daß der sakrale Raum, wie die Gottheiten ihn in Afrika, Brasilien und in der Karibik einnehmen, respektiert und nicht einfach kopiert wird. Für mich ist es gerade eine Herausforderung, daß wir hier in Europa einen ganz eigenen Weg zu den afrikanischen (oder auch anderen...) Gottheiten finden und sie auf unsere Art und Weise beherbergen.
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